Geschichte der Siedlung

Kurt Weibel

Die Gründung der II. Baugenossenschaft des Verwaltungspersonals Siedlung Egelmoos in Bern fand im März 1933 statt. Seither entstanden im Zuge der verschiedenen Jubiläumsanlässe detaillierte Rückblicke. Ich verweise auf die Chroniken aus den Jahren 1943, 1973 und 1983 sowie der Chronik des Diesbachgutes (1993). Heute möchten wir uns einige Meilensteine aus der schon bald 70-jährigen Genossenschaftsgeschichte herauspicken, spannende Geschichten erzählen und uns Gedanken über die Visionen und deren Umsetzung in der sich ändernden Zeit machen.

Die II. Baugenossenschaft wurde nach den Vorbildern der Eisenbahn-Baugenossenschaften und der I. Baugenossenschaft des Verwaltungspersonals, Siedlung Wankdorf gegründet. Die 30er Jahre waren geprägt durch eine grosse Rezession und Wohnungsnot. Ludwig Schmid, der 1. Genossenschaftspräsident, formulierte im ersten Jahresbericht folgende Vision: «Genossenschaftliches Bauen beruht auf dem Gedanken der Selbsthilfe der Mieter und der aufbauenden Kraft ihres Zusammenschlusses. Was dem einzelnen nicht möglich, ist der Genossenschaft möglich. Nach den Statuten setzt sich die Genossenschaft die Erstellung gesunder und billiger Wohnungen zur Aufgabe. Darüber hinaus sollen die Wohnungen aber eigentliche Familienstätten sein, die eine gesunde Entwicklung und Erziehung der Kinder ermöglichen. Nur aus gesunden Familien baut sich eine gesunde Volksgemeinschaft auf. Nur in gesunden Wohnungen gedeiht die Familie. Mit der Schaffung von Familienheimstätten erfüllt die Genossenschaft eine aus unserer unruhigen Zeit weit in die Zukunft weisende Aufgabe.»

Was hat sich nun bis heute verändert?

Waren in den 30er Jahren die Genossenschafter bestrebt, günstige Mieteinheiten zu erstellen und zu bewohnen, wurde bald der Wunsch nach Eigentumserwerb geäussert. Die Genossenschaft passte in den 40er Jahre die Statuten an und ermöglichte den Kauf einzelner Liegenschaften. Um den genossenschaftlichen Grundgedanken erhalten zu können, liess man vorerst keine spekulativen Käufe und Verkäufe zu. Heute sind alle Häuser und Grundstücke in Privatbesitz. Die Genossenschaft bewirtschaftet nur noch diverse Infrastrukturen, koordiniert allgemeine Unterhaltsaufgaben,ist besorgt, dass das einheitliche Erscheinungsbild weiterhin Bestand hat und setzt sich oft mit Verkehrsfragen auseinander.

Das Fundament für familienfreundliches Wohnen wurde in den 30er Jahren sehr solide gebaut. Mit der natürlichen demographischen Veränderung der Siedlungsstruktur standen zwischenzeitlich nicht mehr die Interessen der jungen Familien, sprich der Kinder, im Vordergrund. Die Konflikte zwischen der jüngeren und älteren Generation konnten aber gemeinsam geschlichtet werden. Die Siedlung präsentiert sich heute in einem gut funktionierenden Generationenmix. Die Genossenschaft ist bestrebt, den Gründungsgedanken weiter zu pflegen und mit Verkehrsberuhigungsmassnahmen und der Schaffung von Spielräumen die Attraktivität der Siedlung zu verbessern und den heutigen Bedürfnissen anzupassen.

Warum gehören die ähnlichen Häuser entlang der Ostringstrasse nicht zur Siedlungsgenossenschaft?

Nach Fertigstellung der Siedlung stand das kleine Dörfchen in Mitten von Wiesen. Damit das Siedlungsbild durch Neubauten gegen den Ostring nicht beeinträchtigt wurde, erwarb Franz Trachsel, der Siedlungsarchitekt, die Land-
parzellen gegen den Ostring. Später realisierte und verkaufte er diese typähnlichen Häuser direkt an die neuen Bewohner. Die Genossenschaft hatte weder die finanziellen Mittel noch das Interesse diese Grundstücke zu erwerben und die Genossenschaft zu erweitern.

Warum gehört das Diesbachgut nicht zur Siedlung?

Die II. Baugenossenschaft Egelmoos erwarb 1933 das ganze Diesbachgut vom Eigentümer Herr Robert Wildbolz. Weil die Genossenschaft den schönen Baumbestand rund um das klassizistische Landgut erhalten wollte, respektive musste, und die vorhandenen finanziellen Mittel gering waren, sah man sich bald gezwungen, Verkaufsverhandlungen mit der Stadt Bern aufzunehmen.
Anfänglich beabsichtigte man, das Landhaus zu behalten, doch schlussendlich wurden Hofstatt und Gebäude veräussert. Mit der Gewissheit, dass der wuchtige Baumbestand von der Stadtgärtnerei gehegt und gepflegt wurde, konnte die Siedlung rund um das Landhaus erstellt werden.

Heute

Heute hat der Zahn der Zeit an den Bäumen genagt: Die Blutbuche fiel 1999 einem Wintersturm zum Opfer, der «Lothar» zerzauste den Mammutbaum und der Tulpenbaum leidet arg an Altersschwäche. Die Siedlung steht immer noch in voller Frische, aber nicht mehr mit Blick auf die Namensgeber da.

Ich meine, dass die Vision von 1933 umgesetzt wurde, die Häuser haben verschiedene Lebensformen und -philosophien im gleichen Erscheinungsbild überlebt.
Die Siedlung wurde als erhaltenswert eingestuft und fand Aufnahme ins Inventar der Stadt Bern. Sie wiederspiegelt die Entwicklung der romantisch-traditionellen Formen der 20er Jahre zur zaghaft modernen Architektur der 30er Jahre.

Die Siedlung bietet noch heute guten Wohnraum für alle Generationen und lässt verschiedene Lebensformen zu.

Orm Bonsma

Die Siedlungsqualität erhalten und entwickeln

Warum ist die Siedlung Egelmoos erhaltenswürdig?
Ein Blick in die Bau- und Planungsgeschichte:

Die Siedlung Egelmoos ist im Inventar der erhaltens- und schützenswerten Bauten der Stadt Bern dokumentiert (Quartierinventar Bern Ost, 1990). Die Gesamtbeurteilung des Eigenwertes wird als mittel (2) und die des Situationswerts als hoch (4) eingestuft:

Die Baugenossenschaft

In der 1933 projektierten Situation warr geplant, das Diesbachgut abzureissen.

Ermutigt durch den schönen Erfolg mit der Wohnungssiedlung im Breitfeld geht die Baugenossenschaft des Verwaltungspersonals daran, am 22. März 1933 im Egelmoos auf der ehemaligen Besitzung Wildbolz die Siedlung Egelmoos zu erstellen.
Nach den Statuten der II Baugenossenschaft wird die Erstellung gesunder und billiger Wohnungen zur Aufgabe. Darüber hinaus sollen die Wohnungen aber eigentliche Familienheimstätten sein, die eine gedeihliche Entwicklung und Erziehung der Kinder ermöglichen.
Mit dem Ankauf und der Überbauung des so genannten Wildbolzgutes an der Egelgasse, stellt sich die Genossenschaft der Schwierigkeit, in Krisenzeiten Finanzen zu beschaffen.
In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise wollte niemand Geld investieren und die Banken gaben keine Darlehen. Die Notwendigkeit, in Zeiten der herrschenden Wohnungsnot Wohnungen zu schaffen und zu finanzieren gehört zu der eigentlichen Pionierleistung der Genossenschaft.
Geplant war, 62 Einfamilienhäuser in Reihen von 2 – 7 Häusern zu erstellen. Damit möglichst viele Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt werden konnten durften, auf Verfügung der Behörden hin keine Maschinen für die Aushubarbeiten eingesetzt werden.
Leider musste das Herrschaftshaus mit dem schönen Baumbestand von 2300m2 Fläche für Fr. 28.50/m2 an
die Gemeinde Bern verkauft werden. Der Erhalt und die Aufwendungen für dessen Unterhalt überstieg die Möglichkeiten der Genossenschaft. Als 56 Einheiten erstellt waren, ergaben sich weitere finanzielle Schwierigkeiten. Mit einem Darlehen der Gemeinde Bern konnten bis November 1935 weitere 6 Häuser fertiggestellt werden.
Durch verschiedene Auflagen der Gemeinde konnte die Baugenossenschaft im Egelmoos keine weiteren Häuser realisieren. Unter Führung der beiden Architekten Franz Trachsel und Walter Abbühl erfolgte 1936 bis 1938 die 2. Etappe mit 12 Gebäuden am Ostring, um der Einkreisung von Neubauten gegen Süden vorzubeugen. Hier traten die Architekten selbst als Bauherren auf.
Gegen die Hochbauten auf der südlichen Seite wurde Einsprache erhoben; es war jedoch nichts auszurichten. Die Sicht auf die Alpen war verloren.
Den dritten Abschnitt bildete der von der restlichen Siedlung weitgehend isolierte, 1939 errichtete Baukomplex an der Laubeggstrasse 123 – 127.

Die Siedlung

In einem ersten Bebauungsplan der Siedlung sollte das Diesbachgut abgerissen werden. Diese Absicht wurde später verhindert. Das an der Geländekante liegende Herrschaftshaus und der verbliebene Rest der spätbarocken Gartenanlage bilden heute den Kern der Siedlung. Ringsherum gruppieren sich die in der ersten Phase erstellten, langen Häuserreihen der eigentlichen Überbauung. Gemäss den Regeln des neuen Bauens hat sich die Lage der einzelnen Häuser und Häuserreihen vor allem nach der Sonne zu orientieren. Dies hat zur Folge dass die Häuserzeilen gleichförmig parallel aufgereiht sind. Dieser Form wohnt auch eine politische Aussage inne: Kein Bewohner, keine Bewohnerin der Genossenschaft soll bevorteilt, niemand soll benachteiligt werden. Die Gleichheit aller soll sich schon im Grundriss der Siedlung manifestieren. Die einzelnen, nach einem identischen Plan konzipierten, zweigeschossigen Häuser verfügen über Gärten und Vorgärten mit niedrigen Mauern und Hecken entlang der Strassen. Gegliedert werden die meist paarweise spiegelbildlich angeordneten Häuser auf den Strassenseiten von querrechteckigen Fenstern sowie den erhöhten und damit leicht betonten Eingängen. Die Abfolge der Türen und Fenster führt zu einem steten Wechsel von kleineren und grösseren Zwischenräumen, was ein Rhythmus in der Fassadenflucht zur Folge hat. Der Reiz der Siedlung liegt in der seltenen Reinheit der gebauten Utopie.

Priska Dütschler

Was wird von der Siedlung erwartet

Zwei Umfragen 1990 und 2002

Neben dem Erhalten der hohen Siedlungsqualität soll auch die Entwicklung ein Thema sein, welche Bedürfnisse sind für die Genossenschafterinnen und Bewohner wichtig? Wie könnte sich die Siedlung in Zukunft manifestieren?

Umfrage 1990

1990 wurde in unserer Siedlung eine umfangreiche Umfrage durchgeführt, die als Grundlage für die heute gültigen Statuten und Reglemente richtungsweisend wurde.
Es wurden sämtliche Haushalte in der Siedlung befragt.
80 Fragebogen wurden verschickt und 55 Mieter
und Genossenschafterinnen antworteten:

  1. 69,6 % wollten die Erhaltung der Siedlung in ihrer Gesamtanlage, der äusseren Form und der Gestaltungder Häuser.
  2. 71,7 % wünschten, dass die Genossenschaft Einfluss  auf grosse bauliche Veränderungen nimmt.
  3. 69,5 % haben Mitsprache der Genossenschaft bei baulichen und farblichen Fassadenveränderungen vorgeschlagen.
  4. Die Meinung war unentschieden bezüglich der Kompetenz über Farbveränderungen von Fenster- und Türumrahmungen mitzubestimmen.
  5. 69,5 % sahen kleine bauliche (kosmetische) Veränderungen in der Kompetenz jedes einzelnen Besitzers/ jeder Besitzerin.
  6. Allgemein: Von 18 % der Schreibenden wurde mehr Engagement im gesellschaftlich-sozialen Bereich gewünscht, z.B. verkehrspolitische Massnahmen, gemeinsame Renovationen, Ausflüge, Vorträge, Alters- und Kinderanlässe.
  7. 21,6 % plädierten für eine Aufhebung der Genossenschaft.

Umfrage 2002

Um die Entwicklungsbedürfnisse für die Genossenschafterinnen und Bewohner festzustellen, wurden 2002 wiederum 85 Fragebogen versandt. Nur 15 Fragebogen kamen zurück.
Dieser schlechte Rücklauf und das mangelnde Interesse lässt keine Beurteilung zu und zeigt auch keinen Trend auf. Ich wage trotzdem eine Interpretation: Den meisten von uns ist es so wohl in unserer Siedlung, so dass keine Wünsche vorliegen. Dies wurde mir mit zwei persönlichen Briefen bestätigt. Den Wunsch nach mehr Wohnraum haben sich ein Grossteil der Familien mit einem Dach- und Kellerausbau erfüllt. Der Komfort wurde häufig auch mit einem Einbau von zusätzlichen WC und Dusche erhöht.
Viele Voten hoben sich durch gegensätzliche Meinungs-äusserungen wieder auf: Z.B. wurde viermal die Planung eines Wintergartens gewünscht, zwei Voten waren gegen einen solchen Bau. Viermal kam der Wunsch nach Velounterständen, ob im Vorgarten, Garten oder gar zweimal auf öffentlichem Grund. Das Dach schliesslich vereinigte noch
die meisten Verbesserungsvorstellungen: dreimal der Wunsch nach Lukarnen, zweimal nach grossen Dachflächenfenstern und eine Stimme gegen jegliche Dachaufbauten. Auch der dreimalige Wunsch nach einem Windfang und einmal einem Vorbau aus Glas im Bereich der Eingangstür war bei 62 Häusern nicht wirklich massgebend.
Allgemein plädierten sechs Parteien für einen ordentlichen Gesamteindruck, für die Erhaltung des einheitlichen Siedlungsbildes, sowie zweimal gegen Unordnung.
Die gesellschaftlich-sozialen Bedürfnisse scheinen mit dem Quartiers-z’Morge und dem Grillhöck gedeckt.

Priska Dütschler

Beispiel einer gemeinsamen Fassadenrenovation

Wie können bauliche Bedürfnisse heute und morgen umgesetzt werden?

Im Dezember 2000 taten wir uns von der Bürglenstrasse 18 – 28 zusammen und planten eine totale Fassadenrenovation. Die Idee war, diese für eine Häuserreihe mit einem Gerüst, einem Malerbetrieb, einem Maurer, Spengler und Dachdecker auszuführen und damit die Kosten und Umtriebe auf ein Minimum zu reduzieren. Über Wochen waren wir in Dauerkommunikation. Wir gaben verschiedene Offerten in Auftrag, die wir gemeinsam diskutierten und auswerteten. Diskussionen gab es auch wegen der Termine und wegen der Farben für die Fassaden, Leibungen und den Sockelbereich. Im März 2001 konnten die Renovationsarbeiten beginnen. Als an Pfingsten das Gerüst immer noch stand und uns alles so langwierig und träge erschien, überfiel uns der grosse «Cafard». Besonders die Gärten wurden von den Malern als Aufenthaltsort und Materialdepot in Beschlag genommen. Die Erleichterung war jedoch riesig, als nach dem Abbau des Gerüsts die ganze Reihe hell und freundlich erstrahlte.

Farbton Fassade: RAL 9010
Farbtöne Leibung und Sockel: Schiefer 14
(in verschiedenen Grauwerten abgestuft)

Hanspeter Bürgi

Zukunftsperspektiven

Bern hat sich in den letzten Jahren zur Wohnstadt weiter entwickelt. Durch geschicktes Verbinden von wirtschaftlicher und ökologischer Stadtentwicklung konnte ein nachhaltiges Mobilitätsprinzip zum Wohle der ganzen Stadt Bern etabliert werden – als Wohnstadt und Arbeitsstadt, Konsumstadt, Kulturstadt, Freizeitstadt; als Stadt eben. Die Einwohnerzahlen sind massiv gestiegen. Attraktive Siedlungen decken die Wohnbedürfnisse einer modernen, städtischen Gesellschaft. Siedlungserweiterungen und Erneuerungen verleihen den gewachsenen Bebauungsstrukturen neue räumliche Möglichkeiten, so auch in der Siedlung Egelmoos.

Hier fallen der Besucherin, dem Besucher zuerst die grosszügigen Begegnungsstrassen auf. Die kleinen, flinken Stadtautos beanspruchen nur noch die Hälfte des Parkraumes verglichen mit den Karossen vor zehn Jahren.
Die grösseren Autos – meist Wagen von Carsharing-Organisationen – sind in Einstellhallen parkiert. Kinder jeden Alters spielen auf den Wegen, ältere Menschen vergnügen sich mit einem Boulespiel auf einer teilweise wieder bekiesten Strasse. Die von der Arbeit heimkehrende Frau stellt ihr gelbes Velo unter das Vordach auf der gegenüberliegenden Strassenseite. «Tschou, wy geits?» Ein kurzer Schwatz vor der Haustüre, dann rein in die gute Stube. Das Erdgeschoss ist offen und grosszügig, das 7 x 7 Meter-Haus in seiner Dimension spürbar. Blicke eröffnen räumliche Bezüge nach aussen in den Garten, aber auch nach oben und unten in die weiteren Wohnetagen. Auf der obersten, vierten Ebene wird die Weite bis zu den Alpen direkt erlebbar. Der Dachraum, das Himmelszimmer wird zum multifunktionalen Solarium. Die Sonne erzeugt übrigens auch bei fast allen Wohnungen das Warmwasser. Dank sehr guter Wärmedämmung und einer Komfortlüftung brauchen die meisten Häuser nur noch sehr wenig zusätzliche Heizenergie (mit Gas, Holz oder gemeinsamer Wärmepumpe).

In den Gärten hat sich eine vielfältige Flora und Fauna erhalten. Rankgerüste trennen die einzelnen Gärten und definieren einen privat-halbprivaten Aussenraum. Eine filigrane Pergola mit einem Sonnensegel nahe beim Haus, ein Zwetschgenbaum mit Nistkasten mitten im Gras oder ein zusätzlicher gedeckter Sitzplatz ganz hinten zur nächsten Strasse hin: ein Aussenraum für Stadtmenschen in der Siedlung Egelmoos. Für Wohnstadtmenschen.

Elisabeth Stähelin

Erinnerungen an die ersten 12 Jahre der Siedlung Egelmoos

Im Jahr 2003 ist unsere Siedlung 70 Jahre alt. Viele Erinnerungen tauchen auf, erlebte ich doch schon die Zeit der Siedlung vor Baubeginn. Im Herbst 1933 konnten wir in das Haus an der Gantrischstrasse einziehen, wir hiess, die Grossmutter, meine Eltern und wir drei Mädchen von 6, 9 und 11 Jahren. An den Türen kann man noch heute erkennen, welche Häuser in der ersten Etappe erbaut wurden. Die Türen sind nämlich oben gebogen, die späteren sind wegen Sparmassnahmen eckig.

Die «Züglete» war gar nicht einfach, waren die Strassen  noch nicht fertig gebaut. Aber wir Kinder waren glücklich über ein schönes Badezimmer, die Eltern freuten sich an der Zentralheizung. Dazu hatten wir noch etwas Besonderes, ein «Törli» zum Nachbarhaus. Die beiden Mütter hatten sich nämlich für eine bessere Einrichtung in der Waschküche entschlossen und bei uns war der «Tröchniraum».

Die Siedlung war damals noch ganz von Grün umgeben. Die Zufahrt war nur von der Bürglenstrasse her möglich. Damals gab es zwei Autos in der Siedlung und die fuhren ganz langsam. An der Bürglenstrasse stand eine Villa und an der Gantrischstrasse das Chalet von Oberst Schwyter, natürlich existierte bereits die Campagne, das Diesbach-gut. Vom Nünenenweg zur Egelgasse führte ein Fussweg. Der Weg zum Tram führte über den Burgernzielweg.
Von der Egelgasse bis zu den Häusern an der Muristrasse waren Kornfelder, Kartoffeläcker oder «Runggle».
An der Egelgasse stand ein prächtiges Bauernhaus.
Bei Frau Niklaus, der Bäuerin, holten wir Gemüse, herrliche Äpfel und frische Eier von glücklichen Hühnern. Wo haben sie die anderen Lebensmittel gekauft, fragt ihr euch wohl? Ja, der nächste Konsum war am Murifeldweg und bald wurde ein Migros eröffnet, dort wo heute das Restaurant «Charme» ist.
Der Schulweg zum Schosshaldenschulhaus (heute Bitzius) führte auf einem schmalen Pfad am Wyssloch-Bauernhaus vorbei. Die Sekundarschule für die Buben war im Spitalacker. Wir Mädchen hatten es näher zum Laubeggschulhaus.

Im Ostring entstanden bald einmal die langen Häuserreihen. Das Tram fuhr jedoch stets nur bis zum Tramdepot, der Schosshaldenbus fuhr bis zur Laubegg, nachdem
das Tram bis zum Bärengraben aufgehoben worden war.

Als die Siedlung entstand, war Hitler in Deutschland gerade an die Macht gelangt. Sechs Jahre später begann
der 2. Weltkrieg. Wir mussten Notvorräte anlegen. Im Gärtli wurde im Rahmen der Anbauschlacht von Bundesrat Wahlen Gemüse anstelle von Blumen angepflanzt.
Von Basel her kam ein Teil meiner Verwandtschaft zu uns nach Bern – eine Tante, zwei kleine Kinder und eine Cousine – und alle fanden sie Platz in unserem Haus. Es wurde eng an der Gantrischstrasse 21, vor allem im Badezimmer.
Bald einmal kehrten die «Flüchtlinge» zurück und wir waren froh und dankbar vom Krieg verschont geblieben zu sein.

Vre Scheidegger

Die Strasse – unser Spielplatz

Es war anfangs der 50-er Jahre. Das Fernsehen steckte noch in den Kinderschuhen und Computerspiele waren Zukunftsmusik. Trotzdem verbrachten wir eine glückliche Kindheit. Schuld daran waren u.a. auch die tollen Spielstrassen in der Siedlung. An den Strassenrändern waren nur einzelne Autos parkiert, die «blaue Zone» war ein Fremdwort. Das freute sowohl die glücklichen Autofahrer, wie auch Halbwüchsige und Kinder, denn Platz für Spiele war genügend vorhanden. Nach Lust und Laune konnte man sich ohne grosse Gefahr mit Völkerball, Versteckspiel, Pfeilenjagd, «Chübeli um», «Trottoir-Tschiggis», «Kantönerle» etc. vergnügen. Ab und zu wurde auch das Waschseil der Mutter klammheimlich gekürzt, benötigte man doch das abgeschnittene Stück dringend als Sprungseil. Und auch der Winter, damals verdiente er seinen Namen noch, bot viele Möglichkeiten zum Spielen. Der Schnee blieb auf der Strasse liegen und wurde eisig: Jetzt begann die hohe Zeit des Eishockeyspiels. Sehnlichst warteten wir Kinder jeweils auf die vom Bauamt aufgestellten Sandkasten.
Deren Inhalt auf die vereisten Strassen gestreut gab den Erwachsenen Sicherheit beim Gehen. Wir Kinder hatten das ja nicht nötig, ja um ehrlich zu sein, es störte uns nur, denn auf den «Zibis» mussten wir jeweils den Sand wegputzen, um diese wieder in Betrieb zu nehmen. Für uns hatte der Sand in den Kästen eine ganz andere Bedeutung.
Wir konnten nun nach Herzenslust Sandburgen bauen, Kuchen backen und vieles mehr, eben all das, was den Reiz eines Sandkastens ausmacht.

Interessenkonflikte – Generationenprobleme gab es aber auch schon in der «guten alten Zeit». Unser fröhliches aber zum Teil auch lautes Spiel erfreute nicht alle Leute.
Auch nervte man sich zum Beispiel im Sommer über das laute Holzgeklapper der für uns Mädchen vermeintlich schicken, wenn auch nicht besonders bequemen «Zoccoli». Velofahren war damals schon «in», doch nicht mit Mountain- oder City-Bikes, auch ohne 21 Gänge.
Ein Dreigänger mit Rücktritt war damals Spitze. Mit diesen Vehikeln wurde in forschem Tempo Runde um Runde auf den Siedlungsstrassen gedreht, bis einer Familie am Nünenenweg «der Kragen platzte». Ohne Vorwarnung griff diese zur Selbsthilfe und streute Reissnägel. Bei der nächsten Durchfahrt hatten einige von uns einen Platten. Ein solches Vorgehen seitens der Erwachsenen konnten und wollten wir Kinder nicht akzeptieren. Kampf war angesagt. An der Gantrischstrasse wurde eine Kinderversammlung abgehalten. Nicht klein beigeben, lautete die Parole. Als Ergebnis setzten die grossen Kinder jeweils ein kleines Kind auf den Gepäckträger ihres Velos und die Karawane fuhr los bis zur Ecke Nünenenweg 37. Dort hiess es absteigen.
Nun wurden die Räder über die «Gefahrenzone Reissnagel» getragen. Danach durften alle wieder aufsteigen und weiter ging die Fahrt. Den Rundkurs wiederholten wir noch einige Male. Alle Kinder hatten den Plausch, dass diese Runde mit Witz und Humor zu ihren Gunsten endete.
Die ganze Aktion wurde von einem Anwohner der Gantrischstrasse 38 gefilmt. Aber das Filmmaterial wurde nicht zu unseren Ungunsten verwendet – Glück gehabt!

Das Spielen mit «Gspändli» draussen auf der Strasse bedeutete mir sehr viel. Wenn wir zum Beispiel am Sonntag von einem längeren Spaziergang zurück kamen,
bedrängte ich sofort meine Mutter mit dem Ausspruch: Kann ich jetzt noch spielen gehen, ich bin ja noch nicht «draussen» gewesen. «Draussen» bedeutete aber mehr als «an der frischen Luft sein»: Es war die Spielstrasse mit den Kindern.

Ulä und Thierry Leserf

Die Solartechnik

Die ersten Solaranlagen in einer denkmalgeschützten Siedlung sorgten anfangs der 90-er Jahre noch ziemlich für Furore. So prüften im Jahr 1992 einige Genossenschafter unter der Leitung von Thierry Leserf, der mit seiner Familie ebenfalls in der Siedlung wohnt, ob sich ein Pilotprojekt zur solaren Energienutzung realisieren liesse. Weil alle Häuser identisch sind, mussten alle Probleme im Zusammenhang mit den Solaranlagen nur einmal gelöst werden und durch einen Zusammenschluss hätten die Planungskosten erheblich gesenkt werden können.

Für den Erfolg der Sonnenenergienutzung spricht noch heute, dass die Dächer günstig gegen Süden ausgerichtet sind, damit ist eine wichtige Voraussetzung für ein grösseres Projekt bereits erfüllt. Die Initianten wollten den Beweis erbringen, dass sich Sonnenenergienutzung nicht nur in teuren High-Tech-Bauten realisieren lässt, sondern sich auch bei älteren Liegenschaften rechtfertigt. Vorgesehen war, den Wärmebedarf (Warmwasser und Heizung) zu
mindestens einem Drittel mit einer verhältnismässig einfachen Soloaranlage zu decken und so umgekehrt die Brennstoffkosten um einen Drittel zu senken.

In der Berner Zeitung vom 8. Januar 1993 war zu lesen: «Moderne Solartechnik auf alten Häusern». Ein längerer Artikel befasste sich mit dem Projekt in unserer Siedlung.

Nach langer Planungs- und Verhandlungsphase, welche auch die Gutheissung des Konzeptes durch die Denkmalpflege der Stadt Bern beinhaltete, wurde die Bewilligung für die ersten zwei Anlagen im Winter 1993/94 erteilt.
In den beiden Reihenhäuser an der Bürglenstrasse 14 und Gantrischstrasse 21 wurde im Februar 1994 Warmwassergewinnung und Heizung von der Sonnenenergie unterstützt.

Am 30. Oktober 1994 wurde Thierry Leserf (Architekturbüro Leserf und Partner, Architekten) für vorbildliche Leistungen im Anwendungsbereich der Sonnenenergie ausgezeichnet. Der Preis wurde durch die Arbeitsgemeinschaft Solar 91 verliehen. Er wird jeweils an Unternehmen vergeben, die im Bereich der Sonnenenergie Hervorragendes leisten.

An Sonnenenergieanlagen auf Dächern und in Gärten hat man sich unterdessen gewöhnt. Heute prüft man auch den Einbau einer Solaranlage, wenn die Heizung oder
das Warmwassersystem ersetzt werden muss.

Ümit Civan, Gerlinde Koch und Susanna Vogt Clerici

Der Lothar

Am 26. Dezember 1999 hat der Sturm «Lothar» auch unsere Siedlung getroffen. Eine Sturmgeschichte möchten wir Ihnen erzählen:

An der Bürglenstrasse 30 steht gross und stark ein Mammutbaum. Markant ist er auf früheren Fotos zu erkennen und heute noch dient er vielen Quartierbewohnerinnen
und -bewohnern als Orientierungshilfe.

Dann kam der «Lothar». Die Äste des Baums schlugen rythmisch an die Dachkante. Die Bäume in den umliegenden Gärten beugten sich stark unter den Windböen.
Kleinere Äste fegten über die Strasse. Dann hielten auch die Äste des Mammutbaums dem Sturm nicht mehr Stand. Sie brachen ab und krachten mit Getöse in den Garten. Dazwischen hörte man ein leises Klirren.

Dann war alles vorbei und eine gespenstische Stille trat
ein. Chaos im Garten an der Bürglenstrasse 30. Der ganze Garten war voll mit Ästen, übereinandergeschichtet zu meterhohen Holzbergen. Der Marmortisch hinten im Garten war auseinandergeborsten, zerbrochen von der gewaltigen Kraft herunterstürzender Äste. Am Treibhäuschen an
der Trennwand zum Nachbarhaus war eine Scheibe zerbrochen.
Der Tisch im Garten und die eine Scheibe waren kaputt gegangen. Doch das Dach, die Fenster, der Balkon blieben verschont; das Haus stand da als wäre nichts geschehen. Im Garten befand sich aber ein Durcheinander und überall lagen Zapfen des Mammutbaums. Der Garten schrie nach Arbeit, wochenlang mussten die Bewohner Holz sägen, Äste zusammentragen, Zapfen in Säcke abfüllen, alles aufschichten oder wegbringen. Es machte den Anschein als würden Waldbesitzer an der Bürglenstrasse 30 wohnen.

Der Mammutbaum wurde durch einen Baumchirurgen begutachtet und auch gepflegt. Sporadisch wird die Kontrolle wiederholt, dies zur Sicherheit der Fussgängerinnen und Fussgänger und zur Beruhigung der Besitzer. Ein gepflegter Baum ist (meistens) ein sicherer Baum.

Der «Lothar» gehört inzwischen der Vergangenheit an.
Was bleibt, ist die Erinnerung an ihn in der Siedlung Egelmoos, das Staunen über die Kraft der Natur und
die Dankbarkeit, dass keine Menschen an Leib und Leben zu Schaden kamen.

Heidi Ryser

Der Tausendblumenteppich

Blumen und Blüten haben von jeher die Menschen fasziniert. Von 2001 bis im Sommer 2002 wurde im Bernischen Historischen Museum der «Tausendblumenteppich» ausgestellt. Dieser aus der Burgunderbeute (Grandson) von 1476 stammende Teppich hat viele Besucherinnen und Besucher angezogen. Um 1466 haben fleissige Hände, geschaffen auf ihren Webstühlen, das Wunder der Natur in diesem Blumenteppich für viele Jahrhunderte festgehalten. Die spezielle Beleuchtung des Teppichs mit einer höheren Luxzahl, damit die Farben optimal zur Geltung kommen, hat anlässlich dieser Ausstellung alle begeistert. Da eine höhere Lichtintensität den Teppich schädigen kann, wird er nun zu seiner Regenerierung für einige Zeit in Dunkelheit aufbewahrt.

Heute aber kann jeweils im Frühjahr in unserer Siedlung, an der Bürglenstrasse 12, im Garten der Familie Ryser
das Wunder eines Blumenteppichs bestaunt werden.
Sobald der Schnee geschmolzen ist, die Frühlingssonne etwas wärmer scheint, blühen da zuerst Winterlinge, Schneeglöcklein und dann als Höhepunkt der Pracht
die Krokusse. Dichtgedrängt stehen sie da, die blauen, violetten, weissen grossblumigen Krokusse.

Wer es wagt, vis-à-vis vom Altersheim Egelmoos vom Selibühlweg her über die Mauer des besagten Gartens zu schauen, dem wird das ganze Blütenmeer offenbart!

Heidi Ryser

Die Vögel

In unserer Siedlung lassen sich viele Vögel beobachten. Wer hätte gedacht, dass wir allein von unserem Garten aus in den vergangenen fünf Jahren 72 Arten sehen oder hören konnten? Da sind einmal diejenigen, die hier oder in
der Umgebung brüten und im Frühling so schön singen.
Im Sommer jagen Segler und Schwalben über dem Haus nach Insekten. Im Herbst und Frühling überfliegen allerlei Zugvögel, darunter manchmal besondere Raritäten wie Kranich, Schwarzstorch und Bienenfresser den Garten.
Im Winter kommen über 20 Vogelarten ans Futter. Die alten hohen Bäume locken verschiedene Waldvögel an und vom Egelmöösli her fliegen Reiher und Enten vorbei.

Liste der beobachteten Vögel
Brutvogel:
Türkentaube, Waldkauz, Mauersegler, Alpensegler, Rotkehlchen, Hausrotschwanz, Gartenrotschwanz, Amsel, Wacholderdrossel, Mönchsgrasmücke, Zilpzalp, Fitis,
Wintergoldhähnchen, Sommergoldhähnchen, Grauschnäpper, Schwanzmeise, Sumpfmeise, Haubenmeise, Tannenmeise, Blaumeise, Kohlmeise, Kleiber, Gartenbaumläufer, Eichelhäher, Elster, Dohle, Saatkrähe, Rabenkrähe, Kolkrabe, Star, Hausspatz, Feldspatz, Buchfink, Grünfink, Distelfink.

Wintergast:
Bergfink, Girlitz, Erlenzeisig, Hänfling, Fichtenkreuzschnabel, Gimpel, Kernbeisser, Goldammer.
Durchzügler:
Wespenbussard, Mäusebussard, Schwarzmilan, Rotmilan, Sperber.

Ausnahmeerscheinung:
Baumfalke, Wanderfalke, Felsenschwalbe, Bachstelze, Zaunkönig.

Ausnahmeerscheinung Durchzügler:
Kormoran, Graureiher, Schwarzstorch, Weissstorch, Stockente, Fischadler, Turmfalke, Kranich, Lachmöwe, Ringeltaube, Bienenfresser, Grauspecht, Grünspecht, Buntspecht, Kleinspecht, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Rotdrossel, Klappergrasmücke.

Susanna Vogt Clerici

Die Vögel

Am Montag und am Donnerstag wird jeweils der Kehricht aus unserer Siedlung abgeführt. Die Kehrichtsäcke, die am Abend vor die Türe gestellt werden, sind vielfach am anderen Tag aufgerissen. Das «Ghüder» ist über die Strasse und in den Vorgärten verstreut: diese Katzen sind eine Plage, denken viele. Doch weit gefehlt, es sind Füchse, unsere Quartierfüchse.

Im Januar und anfangs Februar hört man sie bellen.
Ein Fuchsgebell tönt anders als dasjenige eines Hundes. Es ist etwas leiser, diskreter. Frühmorgens um 05.00 Uhr konnte ich vom Gangfenster unseres Hauses aus beobachten, wie ein grosser Fuchs mit buschigem Schwanz den Kehrichtsack unserer Nachbarn «auseinandernahm». Zuerst beschnupperte er eingehend die abgestellten
Säcke, dann kratzte er mit den Pfoten an einem bestimmten Sack, der sich aber nicht so bald öffnen liess.
Der Fuchs stieg auf den Kehrichtsack und riss mit den Zähnen oben am zusammengebundenen Teil. Er kratzte am Plastik bis ein Loch im Sack entstand. Während seiner «Arbeit» hielt er immer wieder inne, hob den Kopf, schnupperte und bewegte seine Ohren in verschiedene Richtungen. Dann machte er einen Erkundungsgang. Nach ein paar Augenblicken kehrte er zum Sack zurück und zerrte Nudeln, Knochen und Früchte aus dem Loch oberhalb
des Sackes.
Ungefähr einen Monat später sah ich an gleicher Stelle
einen anderen Fuchs. Dieser war mager und er schien auch jünger als der erste zu sein. Er war weit weniger
geschickt beim Aufreissen des Kehrichtsackes.
Wahrscheinlich war es ein junger Fuchs, der noch viel zu lernen hatte.

Ungefähr im Mai stand derselbe Fuchs im Gässchen zwischen der Bürglenstrasse 28 und 29. Es war ungefähr 18.00 Uhr und noch hell. Überall war Lärm, die Autos fuhren in Kolonnen durch die Laubeggstrasse und die Menschen waren auf dem Weg nach Hause. Da stand er nun, der Fuchs und schaute sich um. Als ich jedoch das ungefähr 100 Meter entfernte Haus verliess, war er blitzschnell verschwunden. Frau Allman, die morgens ab 04.30 Uhr
die Zeitungen verträgt, sagte, sie hätte noch nie einen Fuchs gesehen. Zu dieser Zeit sind Füchse jedoch unterwegs. Dies zeigt, dass unsere Quartierfüchse tatsächlich wilde Füchse sind. Ihre Fluchtdistanz hat sich gegenüber früher nicht wesentlich verändert. Füchse kann man vor allem beobachten, wenn man im Haus am Fenster steht, damit sie keine Witterung von uns Menschen aufnehmen können. Bereits haben mehrere Personen unserer Siedlung Füchse in unserem Gebiet beobachten können.
Damit der Fuchs von Menschen unabhängig bleibt, sollte er nicht gefüttert werden. Folgende Massnahmen helfen dabei:
Keine vollen Katzennäpfe über Nacht vor der Türe stehen lassen
Tiere wie Meerschweinchen, Hühner, Kaninchen und andere kleine Haustiere vor Einbruch der Dunkelheit einschliessen und ihre Käfige und Nachtlager sichern
Kehrichtsäcke erst am Morgen des Abfuhrtages vor die Türe stellen

Schmerzlich war die Erfahrung einer Familie in unserer Siedlung, deren Meerschweinchen und Kaninchen eines Morgens verschwunden waren. Der Fuchs hatte Hunger! Jedoch nicht jeder Kehrichtsack wird von einem Fuchs aufgerissen. Es wurden schon Elstern und Krähen beobachtet, die an Säcken herumhackten und deren Inhalt auf der Strasse verteilten.
Mensch und Tier in der Stadt kommen sich näher – eine Chance?